Unsere Ankunft in Siem Reap war nach der langen Anreise und aufgrund unserer Enttäuschung über das Ivy Guesthouse recht ernüchternd. Dass wir uns nach dem Frühstück mit samt unserer Backpacks auf dem Rücken auf die Suche nach einer neuen Unterkunft machen mussten, trug nicht gerade zu unserer Stimmung bei. Resigniert durchquerten wir die unbekannte Stadt, die zunächst sehr fremd und ungewohnt auf uns wirkte. Wir fanden uns mitten im bunten Treiben des Stadtzentrums wieder, das sich um den Alten Markt entlang des Westufers des Siem-Reap-Flusses erstreckt. Unzählige Tuk Tuks, Fahrräder und Roller bahnten sich auf asphaltierten Straßen ihren Weg durch das Verkehrschaos. Zahlreiche Händler säumten mit ihren Ständen die Straßen und verkauften Essen, Souvenirs und andere kunsthandwerkliche Arbeiten.

Je weiter wir uns vom Zentrum entfernten, desto staubiger wurden die Straßen, entlang derer sich, zwischen vereinzelten Gästehäusern im Kolonialstil, zahlreiche Holzverschläge und Wellblechhütten reihten, die gleichermaßen als Werkstatt, Wohn- und Verkaufsraum dienten.

Siem Reap ist unverkennbar eine Stadt enormer Gegensätze. Gelegen im Westen eines der ärmsten Länder der Welt, hat sich Siem Reap dank des Touristenmagnets Angkor Wat, der sich gut sechs Kilometer nördlich der Stadt befindet und jährlich zwei Millionen Besucher anzieht, zum aufstrebenden und wichtigsten Tourismuszentrum von Kambodscha entwickelt. Die Stadt wird von der englischen Sprache und dem US-Dollar als Zweitwährung regiert (aber nur den "guten" Noten, beim kleinsten Knick oder Riss werden Scheine nicht mehr akzeptiert). Die Anzahl an Restaurants, Hotels und Gästehäuser nimmt stetig zu. Eine Straße wurde sogar aufgrund der Dichte an Bars und Restaurants in "Pub Street" umbenannt und erinnerte uns damit an bekannte Partymeilen in Südeuropa. Dennoch ist die Provinz Siem Reap noch immer eine der ärmsten in Kambodscha.

 



 

Dies liegt unter anderem an Lebensmittelknappheit, an der die Region aufgrund karger Böden leidet und dem niedrigen Bildungsniveau. Hinzukommen die psychischen und physischen Schäden, die viele Khmer aus vergangenen Kriegen oder in Unfällen mit Landminen davon getragen haben und somit den Verdienst des Lebensunterhalts erschweren oder gar unmöglich machen.

Seit der Öffnung des Landes für Touristen aus aller Welt scheint sich jedoch in den vergangen zehn bis fünfzehn Jahren einiges verändert zu haben. Zahlreiche NGOs haben sich im Bereich Gastronomie und Hotellerie etabliert und nutzen ihre Einnahmen, um sich in der Region zu engagieren. Unbefestigte Straßen werden immer stärker durch funktionierende Infrastruktur ersetzt, Wissen und Know-how wird in den Bereichen Bildung, Landwirtschaft und Gastronomie weitergegeben und Bettler werden zu Tuk Tuk-Fahrern und Händlern, die ihre Dienstleistungen anbieten. Die junge Generation ist ambitioniert und ehrgeizig, geht zur Schule, findet Arbeit in den neu geschaffenen Verdienstmöglichkeiten des Tourismus oder gründet voller Hingabe ein eigenes Business.

 


 

Vielleicht war es die Leidenschaft und Zuversicht der Menschen und der merkbare Aufschwung der beschaulichen Kleinstadt, die dazu geführt haben, dass wir deutlich länger als ursprünglich geplant in Siem Reap hängen geblieben sind. Anders als in vielen Reiseführern beschrieben, war Siem Reap auch ohne eigene herausragende Sehenswürdigkeiten für uns nicht nur Ausgangspunkt, um die beeindruckenden Tempel von Angkor zu besuchen.

Tagsüber war die Stadt touristenleer. Wir genossen die Zeit in entspannter Atmosphäre in einem unserer Lieblingscafés, die wir als Wohlfühloasen für uns entdeckt hatten. Wir schlenderten über den Alten Markt, verpassten Martin für zwei Dollar einen neuen Haarschnitt, schauten uns einen traditionellen Apsara Tanz an und gönnten uns ein kühles Bier in einer der lebendigen Bars auf der Pub Street.

 







 

Die magische Stimmung von Wat Bo, dem schönsten und ältesten buddhistischen Tempel in Siem Reap ließ uns ehrfürchtig und staunend über das Gelände mit angeschlossener Klosterschule und einem Schlafquartier für Mönche wandern und zog uns völlig in seinen Bann.

 



 

Das Ivy Guesthouse versöhnte uns am Ende mit seiner mittlerweile stadtbekannten Tapas Nacht, bei der wir uns jede Menge kleine Köstlichkeiten der internationalen und Khmer Küche schmecken ließen.

Du fragst Dich, ob wir am Ende unserer Suche noch eine passende Unterkunft gefunden haben? Das haben wir! Unsere Tage haben wir im Cashew Nut Guesthouse verbracht. Etwa zehn Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt, wohnten wir abseits vom touristischen Trubel in einem einfachen, aber sehr sauberen Zimmer. Der nette Besitzer, Steve, und sein Personal waren sehr hilfsbereit und erzählten uns einige Anekdoten über das liebenswürdige, aber eigensinnige Khmer Volk, das nach seinen eigenen Regeln zu leben scheint. Das kostenlose Upgrade für zwei Nächte in die Penthouse Suite mit privatem Jacuzzi hat unseren Aufenthalt perfekt gemacht.

 


 

Und nicht zuletzt hatten wir der Lage unseres Gästehauses zu verdanken, dass wir unser Lieblingsrestaurant „The King's Cuisine“ mit seinen super netten Besitzern entdeckt haben, das sich nur wenige Meter entfernt in Richtung Zentrum befindet. Die Gründerin gehört zur aufstrebenden, jungen Generation der Khmer und hat das Restaurant nach ihrer Ausbildung und jahrelanger Arbeit in der Luxushotellerie erst kürzlich eröffnet. Die Karte bietet tolle regionale sowie westliche Küche. Die außergewöhnlichen Erdnüsse mit Schalotten, Chili und Knoblauch sowie frittierten Limettenblättern, die es als kleinen Snack kostenlos gibt, sind zum Reinlegen.

Nach zehn ereignisreichen Tagen voller Gegensätze, spannender Einblicke und toller Erinnerungen geht es nun für uns weiter auf einen abenteuerlichen Trip mit dem Boot über den Tonle Sap und unzählige enge Flussarme nach Battambang.

 

Lust auf mehr? Hier findest Du unsere Bilder aus Siem Reap.


Für Entdecker: The Cashew Nut Guesthouse, Ivy GuesthouseThe King's Cuisine Restaurant auf TripAdvisor

  

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